03 / GRITTA GRAMM

Schätze finden.

Gritta Gramm ist als Historikerin geübt darin, Detektivarbeit zu leisten – besonders, wenn wichtige Zeitdokumente in Kellern, Lagerhallen oder gar im Privatbesitz darauf warten, entdeckt zu werden. Und so fand sich Gritta bei ihrem Start bei Sennheiser zunächst dort wieder, wo es die meisten ihrer Historiker-Kollegen hin verschlägt: im Keller. „Es ist ganz normal, dass man am Anfang das Tageslicht nicht sieht.“ Überrascht war Gritta dennoch: „Viele Kollegen hatten offenbar sehnsüchtig darauf gewartet, dass es endlich wieder einen Ansprechpartner für das Archiv gibt. Sie hatten in den Büros historische Produkte für mich aufbewahrt und mir von sich aus alle Geschichten dazu erzählt.“ Wer tief eintaucht in die reichhaltige Geschichte eines Unternehmens, hofft früher oder später auf ein Erfolgserlebnis. „Unter Historikern nennen wir es: den Schatz. Den brauchst du einfach, wenn du lange genug Staub eingeatmet hast.“ Und plötzlich war er da: Grittas Schatz, das älteste Freigabedokument des British Military Government, das Aufschluss über die Gründung des Unternehmens gibt.

Am 8. April 1945, zum Ende des 2. Weltkrieges im zerstörten Deutschland, rückten die alliierten Truppen im Norden Hannovers vor. Die kleinen Dörfer der Wedemark wurden eingenommen. In Wennebostel war seit 1943 das Institut für Hochfrequenztechnik und Elektroakustik der Technischen Hochschule Hannover in einem Fachwerkhaus einquartiert. Eine britische Einheit besetzte die Forschungseinrichtung und inspizierte sie genauestens, denn Nachrichtentechnik und Chiffrierwesen waren für Deutsche ab sofort verboten. Das Institut wurde vom Militär versiegelt und es war unklar, wann die Arbeit wieder aufgenommen werden konnte. Nur wenige Mitarbeiter blieben vor Ort, darunter Oberingenieur Dr.-Ing. Fritz Sennheiser, der sich für seine Kollegen verantwortlich fühlte. Die ungewisse Lage machte aus dem Universitätsdozenten und Laborleiter schließlich einen Unternehmer. Um die Arbeit wieder aufnehmen zu können, musste man die Forschung zunächst aufgeben und etwas produzieren, das dem Wiederaufbau diente: Messgeräte für Elektrotechnik und Fernmeldewesen zur Förderung der zerstörten Infrastruktur und der Kommunikation.

Fritz Sennheiser stellte den Antrag auf Wiedereröffnung, den „Permit to Re-Open“, am 10. Mai, als Geschäftsführer eines Betriebs zur „Reparatur von Geräten der Nachrichtentechnik und Entwicklung und Bau elektrischer Musik-Instrumente“. Dank eines ersten Auftrags von Siemens & Halske, für die britische Militärregierung zuständig für die Instandsetzung von Bahn- und Verkehrswegen sowie der Telefonverbindung, standen die Ingenieure nun unter dem Schutz der alliierten Besatzungsmacht. Ein Off Limits Paper, und das ist Grittas Schatz, wurde am 13. Mai von den Briten ausgestellt: Es sollte weitere Beschlagnahmungen durch die Truppeneinheiten verhindern. Erste Röhrenvoltmeter und Messgeräte wurden gebaut. Bereits im Sommer 1945 kam der nächste Auftrag: Sennheisers Unternehmen, das zunächst neutral Laboratorium Wennebostel hieß, kurz: Labor W, sollte Mikrofone bauen. Der Start einer weltweit erfolgreichen Marke, die wir heute unter dem Namen Sennheiser kennen.

75 JAHRE, 75 MOMENTE.

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