Sonntagabende sind eigentlich dafür da, das Wochenende ausklingen zu lassen. Für Mary Daly und ihre Kollegen bedeutete jener Abend im Mai 2004 die größtmögliche Katastrophe. Das Telefon klingelte. „Mary, du wirst es nicht glauben. Der Betrieb brennt.“ Im Werk Sennheiser Ireland war ein Feuer ausgebrochen – und zwar so schnell und stark, dass die größten Teile der Produktion und Büros in den Flammen aufgingen. „Mein erster Gedanke war: Was wird aus uns allen? Das war unser Zuhause. Das war mehr als nur ein Arbeitsplatz, der da einstürzte. Wir dachten, das war‘s.“
Wann immer ein Zuhause brennt, kommt die Familie, um einen aufzufangen. Die ersten Familienmitglieder kamen bereits um 2:00 Uhr in derselben Nacht an: die Geschäftsleitung aus Deutschland. „Ich hatte meinen Emotionen noch gar nicht freien Lauf lassen können, als ich sah, dass auch einer von ihnen weinte, als er in die Trümmer und den Rauch blickte.“ Der Besuch der Manager war nur der Anfang. Noch ahnte Mary nicht, wie groß ihre internationale Familie wirklich war.
„Ich fuhr sofort nach Deutschland, um aus dem System von dort die Kunden zu informieren und die ersten Notfall-Maßnahmen zum Fortbestand der Produktion zu sichern. Ein Teil der Belegschaft folgte und produzierte mit Ersatzarbeitsplätzen von Deutschland aus weiter. Der andere Teil fing an, die Unfallstelle zu sichten, als diese freigegeben wurde. In Zelten auf der Wiese neben dem Gebäude bauten wir uns Büros auf, trugen, was noch zu retten war, nach draußen und reinigten das Material, während wir darauf warteten, ein Übergangsgebäude zugewiesen zu bekommen“, erzählt Mary. „Wir stanken nach Ruß und Feuer, wenn wir abends nach Hause kamen. Wochenlang.“
Die Familie hielt zusammen. Marys Kollegin kochte jeden Tag für die Crew. Eines Tages sagte sie: „Ich schaffe das nicht mehr. Hier kommen jeden Tag so viele Leute dazu...“, denn regelmäßig machten sich Kollegen aus Deutschland auf den Weg nach Irland. Sie wollten helfen. Die Welle der Solidarität unter ihren Kollegen ist Mary mehr in Erinnerung geblieben als das Feuer selbst. „Das war wirklich unglaublich. Wir sind uns alle viel nähergekommen und zusammengewachsen. Eine meiner Kolleginnen sagte sogar zu mir: ‚Ich dachte immer, du seist arrogant, aber du bist ziemlich nett.‘“ Jetzt lacht sie. „Als wir in unser neu aufgebautes Werk zurückzogen, war alles so neu und sauber. Wir trauten uns kaum, die Geräte anzufassen. Jeder passte ein bisschen mehr darauf auf, dass alles sauber und neu blieb.“ So ist das, wenn eine Familie ihr neues Zuhause bezieht.