Imogen Heap

Imogen Heap entwickelt die Zukunft der digitalen Musik

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Im Mittelpunkt von „Future of Audio“ – steht der Mensch. Einzelne Menschen mit Einfallsreichtum und Kreativität, die es wagen, ihre Vorstellungen in die Tat umzusetzen. Entscheider mit dem Willen, ihre Klientel durch neue Audiowelten zu erreichen. Klangenthusiasten, die uns mit innovativen Projekten Hörerlebnisse verschaffen, die unser Inneres bewegen. Mit „Menschen“ sprechen wir alle Musiker, Künstler, Toningenieure, Produzenten, Entscheidungsträger, Sound-Designer an, die unsere Welt zu einem sinnlichen  Klanguniversum werden lassen. 

Imogen Heap überwindet Grenzen. Im Studio, auf der Bühne, im Leben. Sie entwickelt Musikhandschuhe und plant, die Plattenindustrie zu revolutionieren. In London steht sie für ein ganz besonderes Konzert auf der Bühne der Westminster Central Hall. Sie spielt zum ersten Mal ihren neusten Song „Tiny Human“ – für einen ganz besonderen Gast.

  • Autor: Simon E. Fuchs
  • Fotos: Sennheiser / Philip Peine
  • Video: Sennheiser / Philip Peine
  • Schnitt & Postproduktion Philip Peine

Im dritten Stock der Westminster Central Hall schlummert die 9 Monate alte Scout, das Baby von Imogen Heap. Zwei Stockwerke tiefer liegt Sennheiser HE 1, das neuste Kopfhörer-Baby von Sennheiser in seinem Bett aus Marmor. Imogen Heaps neuer Song „Tiny Human“ verbindet beide – es ist ein Song über Scout und gleichzeitig der Kampagnensong für den neuen Sennheiser HE 1.

„Sie möchte die Musikindustrie auf den Kopf stellen.“

Imogen Heap sprengt Grenzen. Im Studio ist sie Sängerin, Songwriterin und Soundengineerin. Auf der Bühne singt sie zur gleichen Zeit, wie ihre Finger in verkabelten Handschuhen Töne, Delays und Loops erzeugen. Sie lebt die Innovationskultur. Im Leben will sie mit ihrer Plattform Mycelia die Musikindustrie umkrempeln und ist vor kurzem Mutter geworden.

Knapp eine Stunde vor dem Konzert in der Westminster Central Hall in London sitzt Heap in ihrer Garderobe vor dem Spiegel und tupft blauen Lidschatten auf ihre Augenlider. Sie trägt ein wallendes weißes Shirt, ihre braunen Haare sind zu einem künstlerisch zerzausten Dutt zusammengebunden. Auf der Bühne werden die letzten Stühle zurechtgerückt. Mehr als 60 junge Musiker der Jungen Deutschen Philharmonie werden klassischen Stücken und Songs zusammen mit Imogen Heap performen. Sie selbst wird als Höhepunkt den Song „Tiny Human“ zum ersten Mail live spielen.

Auf ihrem Blog erklärt Imogen Heap in einem persönlichen Text, wie „Tiny Human“ entstanden ist. „Ich konnte nicht anders, als einen Song über Scout zu schreiben. Sie war in jedem Moment präsent. (...) Ich musste nur noch Parallelen finden, um „Tiny Human“ auch als Kampagnensong rechtfertigen zu können“, erzählt Heap nicht ohne ein Augenzwinkern. Ihre Argumente waren überzeugend. Der Song „Tiny Human“ wurde außerdem für den Sennheiser HE 1-Kopfhörer in einem ambitionierten Mix angepasst.

„Es ist ein Kampf zwischen Perfektion und Kreativität.“

Schon früh ist Imogen Heap ihren eigenen Weg gegangen. Nach einigen schlechten Erfahrungen mit ihrem Plattenlabel hat sie ihr zweites Album „Speak for Yourself“ 2005 in Eigenregie herausgebracht. Dafür nahm sie einen Kredit auf ihr Haus auf. Ihre Fans hat sie über ihre Website, Twitter und Facebook in den Produktionsprozess eingebunden. Nach zwei Jahren sind die ersten beiden Songs zuerst online erschienen, bevor Heap das ganze Album veröffentlicht hat.

Als erste Frau gewann Imogen Heap einen Grammy für die Tontechnik an ihrem Album. Diese Exzellenz bei ihren Aufnahmen erreicht sie mit Einsatz. Im Studio verbringt sie Nächte damit, die kleinsten Details ihrer Songs richtig zu setzen. Sie habe zwei Seelen in ihrer Brust. „Aufnahmen sind ein Kampf zwischen der Produzentin und der Sängerin Imogen Heap“, erzählt sie in London. Es ist ein Kampf zwischen Perfektion und Kreativität.

Um ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen, hat Imogen Heap musikalische Handschuhe entwickelt. Ihr Ziel: die Erfahrung einer "Ultimate Sound Experience". Spricht sie über ihre „Mi.Mu gloves”, gleiten ihre Hände durch die Luft, als ob sie die Handschuhe bereits trägt und mit ihnen Töne entstehen lässt. Sie hebt ihr Handgelenk und summt tief. „So kommt leise ein Bass hinein“, erklärt sie. Auf der Bühne sieht es aus, als ob sie zur Musik tanzt, ihre Hände im Takt bewegt. Doch ihre Hände steuern den Takt. Sie lässt Samples starten, nimmt Loops auf, legt einen Hall auf ihre Gitarre. Grenzen kennt sie nicht.

Tiny Human @ Soundcloud

Heap hat genug Energie, um nebenher die Musikindustrie zu revolutionieren. Sie will die Zukunft der Musik gestalten. Ihre Kritik am aktuellen System: Das meiste Geld fließe in die Taschen der Labelbesitzer. Künstler bekämen manchmal nur mickrige 1% der Einnahmen. Sie sei heute viel bekannter als früher, aber verdiene weniger Geld mit ihrer Musik. „Die Welt steht auf dem Kopf“, sagt Heap. Sie will der Musikindustrie wieder auf die Füße helfen - mit ihrem Projekt Mycelia. Sie plant ein Portal, auf dem Künstler ihre Songs in bester Qualität und mit den dazugehörigen Metadaten hochladen können. YouTube, iTunes oder Amazon könnten sich an diesen Songs bedienen. Die Künstler können so einfacher bezahlt werden. Die Mittelsmänner werden ausgebremst, das Geld landet direkt beim Musiker. Ein revolutionäres Projekt für Fair-Trade-Musik.

Das Konzert ist fast vorbei, Imogen Heap singt, tanzt, bewegt ihre Handschuhe auf der Bühne. Ein Knistern lässt erkennen, dass der linke Handschuh nicht so funktioniert, wie er sollte. Heap lehnt sich zu ihrem Computer. Es sei eine Premiere, dass sie die Handschuhe so lange auf der Bühne trage. „Meine Hände sind recht feucht“, erklärt sie. „Auf jeden Fall ist das meine Erklärung für das Problem.“ Das Publikum lacht. Heap fängt die Panne gekonnt auf. Standing Ovations begleiten sie von der Bühne. „Schluckauf“ nennt sie den kleinen Ausfall nach dem Konzert. Kein Grund, sich zu ärgern, sondern ein Ansporn, noch besser zu werden.

Imogen Heap sucht das ultimative Sounderlebnis

Imogen Heap @ Twitter

Scout hat von all dem nichts mitbekommen. Auch wenn Imogen Heap den Song „Tiny Human“ ihr gewidmet hat, schläft Scout auch nach dem Konzert friedlich weiter. Hinter der Bühne warten Londoner Freunde, um mit der Sängerin anzustoßen. Auf die Premiere des Songs „Tiny Human“, auf den ersten richtigen Einsatz der Musikhandschuhe. Und auf Scout, auch wenn sie ihre große Stunde verschläft.