Der Dirigent Jonathan Stockhammer sitzt bei einem späten Frühstück in einem Londoner Hotel. Er trägt Flipflops und ein rosa T-Shirt. Vor ihm: ein Lachsbrötchen, ein grüner Gemüse-Smoothi, ein Kaffee. Bis zwei Uhr nachts hat er mit seinen Musikern den Erfolg des letzten Konzerts gefeiert. Ein Konzert zwischen Klassik und Pop, mit den Nachwuchsmusikern der Jungen Deutschen Philharmonie und Imogen Heap in der Westminster Central Hall. Ein Wanderer zwischen den musikalischen Welten.
Am Vorabend trägt Stockhammer einen dunklen Smoking, seine schwarzen Schuhe glänzen. Er steht rechts an der Bühne und wartet auf seinen Einsatz. Seine Hände samt Taktstock sind hinter dem Rücken verschränkt, sein Blick ist meditativ in die Leere gerichtet. Er hat vergessen zu essen, seine ganze Aufmerksamkeit galt der Suche nach dem perfekten Klang für das perfekte Konzert. Sein Name ertönt von der Bühne, das Publikum klatscht, Stockhammer löst sich aus seiner Starre. Mit federnden Schritten tritt er auf die Bühne ans Dirigentenpult.
Stockhammer gilt als einer der experimentierfreudigsten Dirigenten Deutschlands. Der gebürtige Amerikaner hat bereits aus einem Kran ein Konzert der Pet Shop Boys mit den Dresdner Sinfonikern auf den Balkonen eines Plattenbaus dirigiert. Herausforderungen sind seine Leidenschaft. Er lebt für eine Innovationskultur.
Früh kommt er in Kontakt mit klassischer Musik – sein Vater ist Bratschist, seine Mutter spielt Flöte. Doch auf den Wunsch seiner Eltern studiert er erst in Boston, bis er dem Ruf der Musik nicht länger widerstehen kann.